Dashcams zum Nachrüsten fürs Auto wurden in den letzten Jahren immer populärer und auch für Fahrräder gibt es mittlerweile Lösungen. Da muss man zwischen den sehr wenigen richtigen Fahrrad-Dashcams unterscheiden und den Dashcams, die nur zweckentfremdet wurden und trotzdem als Fahrrad-Dashcams verkauft werden. Das australische Unternehmen Cycliq entwickelt seit 2012 richtige Dashcams für Fahrräder – sowohl für vorne als auch hinten – und hat im Laufe der Zeit die verschiedenen Modelle auch immer wieder überarbeitet. Die Dashcams von Cycliq gelten allgemein als richtig gut, aber auch ziemlich teuer.
In den letzten Wochen konnte ich die Cycliq Fly12 Sport Fahrrad-Dashcam für vorne ausprobieren. Auf der Herstellerwebseite ist sie derzeit mit 359 Euro ausgewiesen und der Versand erfolgte in meinem Fall aus Asien.
Lieferumfang und Spezifikationen
Die Cycliq Fly12 Sport wird mit allem geliefert, was für eine schnelle Inbetriebnahme benötigt wird. Im Lieferumfang enthalten sind die Kamera, eine Lenkerhalterung mit Schnellverschlusssystem, ein Universaladapter („Go-Pro“), eine Handschlaufe, ein USB-C-auf-USB-Alt-Kabel sowie eine vorinstallierte 64 GB microSD-Karte.
Die Kamera nimmt in bis zu 4K bei 24 fps auf und verfügt über ein 135°-Weitwinkelobjektiv sowie elektronische Bildstabilisierung. Die Frontleuchte bietet eine maximale Lichtstärke von 400 Lumen mit anpassbaren Modi. Der Akku hält laut Hersteller bis zu 7 Stunden und das Gerät ist IP56-zertifiziert. Dank Bluetooth die Verbindung zu Smartphones einfach möglich.
Nach meinem Kenntnisstand ist die Fly12 Sport übrigens nicht StVZO-konform als Licht einsetzbar. Ich habe sie deshalb stets ohne Licht betrieben und ohnehin einen deutlich helleren Scheinwerfer am Fahrrad (B+M Lumotec IQ-X).
Montierbarkeit und Platzbedarf
Die Montage hat mich positiv überrascht. Selbst an meinem etwas ungewöhnlich konisch geformten Lenker ließ sich die Kamera sicher befestigen. Sie kann sogar kopfüber montiert werden – das Bild wird dann einfach gedreht über die App. Das Gewicht von 148 Gramm ist in der Hand deutlich spürbar, aber für mich persönlich auf dem Fahrrad kein Problem. Ich zähle nicht zu den Leuten, die jedes Gramm am Fahrrad optimieren.
In der Breite braucht die Kamera ungefähr so viel Platz wie die Klingeln, die früher an Fahrrädern üblich waren (also nicht so eine Mini-Klingel, wie sie bei mir am Lenke zu sehen ist).
Das Schöne an der Bauform ist, dass man die Kamera dadurch auch bei Bedarf gut in die Hosentasche stecken kann.
Wenn man besondere Halterungen oder auf der Suche nach Speziallösungen ist, dann findet man in der 3D-Druck-Community übrigens auch einige Modelle zum Ausdrucken oder weiter Bearbeiten.
Display
Das kleine Display auf der Rückseite ist praktischer als ich erwartet hatte. Es zeigt nämlich nicht nur den aktuellen Modus und den Akkustand, sondern auch die Uhrzeit an. Wer wie ich morgens oft knapp dran ist und auf dem Rad gegen die Uhr zur Arbeit fährt, weiß dieses Feature zu schätzen. Eine kleine rote LED neben dem Display zeigt an, wenn die Kamera aufnimmt.
Bildqualität
Die Kamera nimmt – wie erwähnt – bis zu 4K auf und bietet ein 135°-Weitwinkelobjektiv sowie eine elektronische Bildstabilisierung. Klingt erstmal ganz gut, allerdings geht die Bildrate bei den höheren Auflösungen runter:
- 2880 x 2160p @ 24 fps (4K playback)
- 2560 x 1440p @ 30 fps
- 1920 x 1080p @ 30 fps with HDR
- 1920 x 1080p @ 60 fps
- 1280 x 720p @ 120 fps
Bei einer Dashcam würde ich eher Bildrate über Auflösung stellen und bin dann bei 2560 x 1440p @ 30 fps gelandet.
In der Praxis merkt man aber schnell, dass deutsche Fahrradwege die Bildstabilisierung an ihre Grenzen bringen. Trotzdem: Bei ruhigem Betrachten zuhause am PC oder wenn ich einzelne Frames durchgehe, konnte ich die Kennzeichen der Autos immer klar erkennen. Und das ist ja letztlich der entscheidende Punkt bei einem Unfallgeschehen mit Fahrerflucht.
Nachts sieht die Sache leider anders aus. Entgegenkommende Autoscheinwerfer oder auch mein eigenes Fahrradlicht überstrahlen oft reflektierende Details wie Kennzeichen. Außerdem gibt es einiges an Bildrauschen – die Qualität reicht dann für Details einfach nicht aus. Hier hat die Fly12 Sport definitiv Luft nach oben.
Bewegtbilder in verschiedenen Licht- und Wetterszenarien habe ich in diesem Video zusammengeschnitten.
Unfallmodus und Aufnahmedauer
Die Kamera zeichnet grundsätzlich in 3-, 5- oder 10-Minuten-Intervallen auf und überschreibt alte Dateien, wenn die microSD-Karte voll ist. Ein bewährtes System, was man so eigentlich von allen Dashcams kennt (Loop-Funktion).
Stellt die Kamera fest, dass das Fahrrad mehr als 60° kippt, werden die aktuellen Aufnahmen automatisch gegen das Überschreiben gesichert. Das hat bei meinen Tests einwandfrei funktioniert – und vor allem nicht zu „Fehlalarmen“ geführt. Noch praktischer finde ich aber die manuelle Sicherung per mittlerer „Q“-Taste. Die Teste findet man auch noch nach Schreckmonenten mit reichlich Adrenalin und kann so bei Bedraf selber kritische Situationen festhalten.

Als praktisch empfand ich die optional aktivierbare „Idle“-Funktion, die nach 15 Minuten Inaktivität automatisch die Aufnahme beendet und die Dashcam ausschaltet. So kann kann man nach der Fahrt das Fahrrad irgendwo hinstellen und braucht sich keine Gedanken drum machen, dass die Kamera noch den halben Tag weiterläuft, bis der Akku leer ist.
App und Software
Als sinnvolle Ergänzung zur Dashcam hat sich die Smartphone-App erwiesen. Hier kann man praktisch alles einstellen: Von Wasserzeichen, über Auflösung, Ausrichtung, Licht bis hin zu den Tönen, die beim Ein- und Ausschalten abgespielt werden. Alles bleibt dann auch dauerhaft ohne weitere Verbindung auf der Kamera gespeichert.
Mithilfe der App bzw. der Desktop-App lassen sich auch sogenannte „Safety Tramlines“ und Strava-Overlays einblenden, um das Geschen besser zu visualisieren.
Akkulaufzeit
Im reinen Kameramodus sind bis zu sieben Stunden locker drin – da ist die Herstellerangabe sehr genau. Selbst bei den einstelligen Temperaturen der letzten Wochen hielt der Akku gut durch bzw. erholt sich wieder, wenn er aufgewärmt wird. Für meinen täglichen Pendelverkehr reicht das mehr als aus. Einmal voll geladen, war ich mehrere Wochen lang versorgt – wie gesagt ohne die Lichtfunktion.
Wasserdichtes Fach
Was mich wirklich ein bisschen gestört hat an der Dashcam, war das Fach an der Seite für die microSD-Karte. Es ist nicht nur winzig, sondern auch schwer zu öffnen mit kurzen Fingernägeln. Hier wäre vielleicht eine kleine Lasche zum besseren Anfassen der Abdeckung sinnvoll. Die Karte herauszubekommen, war dann auch nochmal eine kleinere Herausforderung. Hier würde ich mir auch ein bisschen mehr Platz wünschen, um die Karte greifen zu können. Nicht jeder hat schließlich lange Fingernägel.
Über das gleiche Fach wird die Dashcam übrigens auch geladen – sehr löblich mit USB-C und ca. 10 Watt. Bei den USB-C-Kabeln ist die Dashcam auch nicht wählerisch und lässt sich mit den verschiedensten Kabeln und Netzteilen auflasen.
Durch die lange Akkulaufzeit muss man an das Fach immerhin nicht so oft ran.
Preis & Fazit
Mit ihrem Preis spielt die Cycliq Fly12 Sport in der Oberklasse der Dashcams – man wird wohl kaum eine teurere finden. Klar, sie ist speziell für Fahrräder entwickelt und nicht einfach eine zweckentfremdete Action-Cam. Trotzdem ist der Preis happig. Wer viel und ambitioniert fährt, wird die Investition wahrscheinlich nicht bereuen. Für Gelegenheitsfahrer ist es jedoch definitiv „too much“. Abgesehen vom Preis hat die Cycliq Fly12 Sport bei mir insgesamt aber einen positiven Eindruck hinterlassen. Sie ist einfach zu bedienen, robust und bietet clevere Features wie den Unfallmodus. Kleine Schwächen wie die Bildqualität bei Nacht und das fummelige SD-Kartenfach trüben das Gesamtbild etwas, sind aber zumindest bei mir verschmerzbar. Ich würde sie vor allem Vielfahrern empfehlen, die viel mit potentiellen Gefahren- und Konfliktsituationen in Kontakt kommen – also im staädtischen Bereich mit vielen Autofahren, Fußgängern und anderen Radfahrern. Wer viel auf Landstraßen mit dem Fahrrad herumgurkt (sollte man eher nicht machen), für den wäre im Gegensatz dazu eine rückwärtig ausrichtete Kamera vielleicht sinnvoller.
Sehr ausführlicherBericht. Danke. Ich nutze die Fly12CE (Vorgänger) seit vielen Jahren. Noch besser (aus Sicherheitsaspekten) wäre m. E. die Fly6 Pro, die nach hinten schaut. Von dort kommt in der Regel die größte Gefahr. Ist mir noch zu teuer. Aber vielleicht ändert sich das ja noch.
gepostet mit der Deskmodder.de-App für iOS
Ob der HDR-Modus bei Nacht bessere Ergebnisse erzielt hätte?
Hi
Netter kleiner Bericht. Bin gerade selber am rumprobieren an der fly12sport.
Gibt es eine Möglichkeit die aufgenommenen Videos direkt von der Fly auf iPhone zu ziehen, oder geht das nur über Umwege? Dein Hilfe wäre echt super.
Viele Grüße Thorsten