Vorratsdatenspeicherung: BKA-Chef will Zugriff auf IP-Adressen

BKA-Präsident Holger Münch macht Druck: Beim Thema Vorratsdatenspeicherung müsse endlich eine Entscheidung her. Es könne nicht sein, dass Ermittler immer noch auf dringend benötigte IP-Daten verzichten müssten, so Münch. CDU, CSU und SPD haben sich darauf verständigt, dass Telefonanbieter die Verbindungsdaten ihrer Kunden künftig drei Monate speichern sollen. Gibt es einen konkreten Verdacht, könnten Ermittler dann darauf zugreifen. Genau das, sagt Münch, sei dringend notwendig.

Netzwerkdaten auf Abruf: Politik plant neuen Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung. Symbolfoto: pexels

„Unverzichtbares Werkzeug“, sagt Münch

Vor allem bei der Aufklärung von Kindesmissbrauch und Cyberangriffen spiele die IP-Adresse eine zentrale Rolle, so Münch. Oft gebe es keine andere Möglichkeit, Täter zu identifizieren. Der Zugriff solle aber weiterhin nur mit richterlicher Genehmigung erfolgen. Münch spricht von einem „äußerst geringen Eingriff“ in die Rechte der Bürger. Juristen und Verfassungsexperten bleiben skeptisch: Die Politik wagt einen neuen Anlauf bei der Vorratsdatenspeicherung. Schon 2010 kassierte das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Regelung. Auch ein späterer Versuch, bei dem nur IP-Adressen gespeichert werden sollten, scheiterte 2022 am Europäischen Gerichtshof. Beide Gerichte sahen damals die Grundrechte zu stark beeinträchtigt.

Kritiker warnen vor tiefgreifenden Eingriffen

Auch IP-Adressen können ausreichen, um Bewegungsprofile zu erstellen. Selbst ohne konkreten Verdacht ließen sich Kontakte, Surfverhalten und Aufenthaltsorte nachvollziehen. „Hier geht es um die informationelle Selbstbestimmung jedes Einzelnen“, betonen Vertreter mehrerer Bürgerrechtsorganisationen. Studien aus anderen EU-Ländern nähren die Skepsis. Sie zeigen: Flächendeckende Speicherung verbessert die Aufklärungsquote kaum. In Dänemark etwa wurde die Vorratsdatenspeicherung wieder abgeschafft – ohne nachweisbare Erfolge. Experten sehen darin einen „teuren Schein-Erfolg“. Hinzu kommen Bedenken wegen der Sicherheit. Gespeicherte Verbindungsdaten könnten für Hacker, Kriminelle oder ausländische Nachrichtendienste ein lohnendes Ziel darstellen. Frühere Fälle zeigen, dass selbst gut geschützte Systeme nie völlig sicher sind.

Pläne für automatisierte Datenauswertung

Die geplante Koalition will noch einen Schritt weiter gehen: Ermittler sollen große Datenmengen automatisch auswerten dürfen, um Zusammenhänge schneller zu erkennen. Datenschützer sehen hier die Gefahr, dass falsche Querverbindungen gezogen werden und Unschuldige ins Visier geraten. Mehrere Landesdatenschutzbeauftragte kündigten bereits Widerstand an. Auch Bürgerrechtsorganisationen bereiten Klagen vor. Ob die neue Regelung einer erneuten Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht standhält, bleibt offen.

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31 Kommentare zu “Vorratsdatenspeicherung: BKA-Chef will Zugriff auf IP-Adressen

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